Hi! Die Internet-Kolumne

von Hartmut Pospiech
Hi!

  • Letzter Teil: Ich gehe ins Kloster




Vor der Abfahrt habe ich dann noch ein paar Urlaubsfotos gemacht, vor allem von dem leerstehenden Haus gleich auf dem Marktplatz:

Hi!

Die Rückfahrt verläuft völlig ereignislos. In Porto steigt eine Portugiesin mit dem Charme einer mütterlichen Prostituierten ein und deponiert riesige Pakete im Gepäcknetz. Nach zehn Minuten hat sie einen Mann kennengelernt, der stark nach Schweiß riecht und sie ansieht, als ob er gleich auf der Toilette eine Nummer mit ihr schieben will. Doch dann trollt er sich. Wir freuen uns, daß das Abteil so schön leer ist.

Kurz vor der spanischen Grenze steigt eine Französin mit zwei Kindern zu. Florin, 2, genannt "Flo-Flo", ist ein kleiner Sonnenschein, Olivier, 5, still und immer bemüht, artig zu sein. Der Ehemann und ein paar Verwandte winken bei der Abfahrt. Es ist halb zehn abends, und die Mutter kann keine Liegewagenplätze mehr bekommen, weil eine Horde französische Pfadfinder alle Abteile belegen. Also deponiert sie die Kinder auf den breiten Sitzen und befiehlt ihnen, brav zu sein.

Sie versucht, Frauengespräche mit der Portugiesin zu führen, die für die Dauer der Reise zur Ersatzgroßmutter avanciert ist. Flo-Flo wird immer aufgekratzter. Die Mutter wird immer ungehaltener und brüllt Olivier an. Meine Freundin ist genervt. Wir rächen uns, indem wir unsere Notizbücher rausholen. Ich erkläre, daß wir fürs Fernsehen schreiben, was die Mutter nicht beruhigt. Als sie das nächstemal Flo-Flo zur Ruhe bringen will, erklärt sie ihm, daß ich arbeiten müsse. Flo-Flo findet das toll und brüllt solange "Er muß arbeiten", bis wir unsere Notizbücher zuklappen und das Licht ausschalten.

Um zwölf schläft Flo-Flo endlich ein. Eine halbe Stunde später keucht Olivier: Ihm ist schlecht. Seine Mutter schickt ihn zum Frischeluftschnappen auf den Gang. Er schaut wie ein begossener Pudel durch die Glastür zu uns hinein. Dann darf er sich mit einem Kissen auf den Fußboden legen. Fünf Minuten später kotzt er. Seine Mutter reißt kurz entschlossen den Bezug vom Kopfkissen und wischt die Kotze auf. Dann tritt sie zu uns ans Fenster, öffnet es und wirft den Bezug in die klare Mondnacht hinaus. In diesem Augenblick huscht ein feines Lächeln auf das Gesicht meiner Freundin. Und auch ich fühle mich plötzlich ganz leicht.


Drei Stunden später sind wir wieder in Valladolid. Die vier Waagen sind alle noch in der Bahnhofshalle. Ich bringe meine Freundin in ihre Pension in einem Dominikanerinnen-Kloster in Toro, einem kleinen Ort in Zentralkastilien, der eine häßliche Durchfahrtstraße, eine sehr viel nettere Altstadt und ein schönes Kloster hat. Nur die Leute sind etwas komisch und tun so, als ob sie noch nie Touristen gesehen haben. Dafür sind die Nonnen im Kloster sehr nett und backen ganz tolle Kekse. Ich beneide meine Freundin, weil sie noch eine Woche lang hierbleiben kann. Und dann fahre ich mit einem Bus nach Madrid, fliege mit einem Flugzeug nach Frankfurt, und fahre mit einem Zug nach Hamburg.

Auf der Heimfahrt denke ich an die Kekse. Denn sie sind dafür verantwortlich, daß meine Freundin in dieses Kloster gefahren ist. Aber das ist eine andere Geschichte.


Halt, liebe Freunde des Altmodischen! Das ist noch nicht das Ende.
Denn hier ist sie:



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© Hartmut Pospiech, 1996.